Zukunft Sozialer Arbeit - rechtliche Aspekte

Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass die Bedeutung des GG nur vor seinem entstehungsgeschichtlichen Zusammenhang angemessen erfasst werden kann. Besonders in seinen 19 'im Wesensgehalt unantastbaren Grundrechten' sind die Lehren festgeschrieben, die aus dem NS gezogen worden sind.



Die an dieser Stelle festgeschriebenen Rechtsnormen binden unmittelbar Politik, Verwaltungshandeln, sowie Rechtssprechung. Andersrum formuliert, müssen sich im Zweifelsfall Politik, nachrangige Gesetze, Verwaltungshandeln und Rechtssprechung vor dem Hintergrund des GG legitimieren; ggf. muss auch einer verfassungsrechtlichen Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht standgehalten werden; wer sich durch 'öffentliche Gewalt' in seinen Rechten verletzt fühlt, kann letztendlich dort die Verfassungsmäßigkeit prüfen lassen. Für den Bereich Sozialer Arbeit sind über alle einzelnen Rechtsnormen hinweg zwei Sachverhalte entscheidend:

1. Die Bundesrepublik ist in Gänze als Solidargemeinschaft konstruiert, die jeden davor bewahren muss, ausgeschlossen zu werden oder unter menschenunwürdigen Bedingungen zu leben. So wie einerseits -ohne Vorleistungen erbringen zu müssen- ein Recht darauf besteht, Solidarität zu empfangen, so kann sich andererseits auch niemand der Pflicht entziehen, Solidarität zu erbringen. Integration bezieht sich auf alle Mitglieder und Teilgruppen der Gesellschaft und heißt i.d.Z. nichts anderes, als benachteiligten Menschen zu helfen und dafür die jeweiligen 'Gewinner' der Gesellschaft, zur solidarischen Verantwortung zu ziehen. Dem Staat wird in diesem Verhältnis quasi die Rolle des Moderators und Umverteilers zwischen 'beiden Seiten' zugedacht.

2. Im Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft werden die Menschen- und Grundrechte des Einzelnen in den Mittelpunkt gestellt; dem individuellen Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben haben sich Staat und Gesellschaft unterzuordnen. Die Sozialgesetze haben diesem Sachverhalt in ihren einleitenden §§ Rechnung getragen. Wenngleich es komplexer Abwägungsprozesse zu Klärung bedarf, wo jeweils die Menschenwürde anfängt, wo sie aufhört und welche Einschränkungen des Einzelnen sich vor dem 'Allgemeinwohl' legitimieren lassen, hat das Recht des Einzelnen oberste Priorität. Individuelle Hilfeansprüche dürfen keinesfalls allein deshalb aberkannt werden, weil die gesellschaftliche Mehrheit härtere Strafen für Straftäter will, die kommunalen Haushalte überlastet sind, weil Krankenkassen zum Wohle der Solidargemeinschaft der Versicherten, Ausgaben sparen wollen, weil Reichtum geschont werden soll.Einschränkungen sind allein legitim, wenn sie vor dem Hintergrund der individuellen Bedarfe begründet und im Verhältnis zum allgemeinen Lebensstandard legitim erscheinen.

Wenn diese beiden zentralen sozialpolitischen und verfassungsrechtlichen Sachverhalte im Zuge des Sozialabbaus wieder zur Disposition gestellt werden, ist dies also nicht nur aus moralischer, historischer und politischer Perspektive kritisierbar, sondern auch aus rechtlicher. Wenngleich es Politik und Medien inzwischen mit der Verfassung nicht mehr so eng sehen und ggf. die Interessen 'unseres Vaterlandes' über die individuellen Grundrechte stellen (s.o.) oder die sozialen Grundrechte zur Disposition stellen, weil sie den vermeintlich notwendigen Um- bzw. Abbau des Sozialstaates blockieren,<ref>Vgl. Helmut Schmidt in: 'Die Zeit' vom 22.05.03 und 'Der Spiegel' 20/2003.</ref> steht das GG mit den -dem Einzelnen garantierten- Schutz- und Sozialrechten formal noch immer über jeglicher Form staatlichen Handelns. Solange Politik, Medien und Arbeitgeberverbände sich noch nicht mit ihren Wünschen haben durchsetzen können, die Verfassung formell den ökonomischen Interessen unterzuordnen, gilt es, staatliches Handeln vor dem Hintergrund des GG kritisch zu prüfen.

Eine entgültige rechtliche Bewertung des Sozialabbaus soll engagierten Rechtswissenschaftlern vorbehalten werden; als Sozialpädagoge darf man sich dennoch nicht nehmen lassen, rechtliche Argumente in die Diskussion um Zukunft und Ende des Sozialstaates einzubringen. Sofern Diskrepanzen zwischen der eigenen Berufspraxis und den ihr zugrundeliegenden Sozialgesetzen und/oder Grundrechte entstehen, sollte die pädagogische, moralische bzw. berufsethische Interessenvertretung zwingend um die juristische ergänzt werden. Beispielhaft sollen hier einige solcher Diskrepanzen aus verschiedenen Bereichen herausgeriffen und vor dem Hintergrund des GG thesenhaft erörtert werden. Ungeachtet der juristischen Bewertung sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, sich moralisch und politisch -vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte des 20.Jh.- gegen jeglichen Versuch zu erwehren, individuelle Menschen- und Schutzrechte den Interessen der Ökonomie zu unterwerfen.

Strafrecht:

"Ressortübergreifende regionale Analysen werden regelhaft in Regionen durchgeführt, in denen sich aus den örtlichen Lagebildern der Polizei Handlungsbedarf im Bereich der Jugendelinquenz ergibt. Die Polizei informiert in diesen Fällen die bezirkliche Fachkommssion. (...) Auf der Grundlage kleinräumiger Situationsanalysen sind konkrete Maßnahmen zur Kriminalitätsminderung zwischen den Behörden und Dienststellen verbindlich zu vereinbaren. (...) Die bezirklichen Jugendämter entwickeln.ein Berichtswesen, in dem die aus Polizeimeldungen resultierenden einzelfallbezogenen Maßnahmen, sowie deren Ergebnissse dokumentiert werden..."<ref>Hamburger Senatsdrucksache 98/0448 vom 24.4.98.</ref>

Im Ergebnis wird unser Klientel selektiv und überproportional verfolgt und bestraft. So wird der Mythos des gefährlichen Jugendlichen kultiviert, vor dem alle Angst haben müssen, gegen den man sich verbrüdern muss und der mal wieder eine starke Hand braucht.Regelhaft übernehmen die Medien die Funktion des 'Anwalts der kleinen Männer':<ref>Medien BSP Spiegel 1998:</ref>

Die Selektivität und fehlende Seriösität lässt sich nur erahnen, wenn man sieht wie alt die bemühten BSP sind oder wie gering die Anzahl der 'Problemfälle' im Verhältnis zur Gesamtpopulation von bsp. 'Heimkindern' ist. Erst wenn man erkennt, dass zum Thema Kriminalität meißt mit Zahlen der Verdachtsfälle oder der eröffneten Ermittlungsverfahren gearbeitet wird und nicht mit Verurteilungszahlen, wird die Manipualtion deutlich; denn allein letztere Zahlen könnten eine Idee von Objektivität vermitteln, würde man zudem die überproportional hohe Verfolgungsintensität berücksichtigen.Für die Soziale Arbeit im Mittelpunkt stehen natürlich die Fragen, wie kam es zur Straftat, wie hätte man sie päventiv vermeiden können und was sollte man nun tun, damit andere Kinder später nicht auch straffällig werden; diese Aspekte spielen in der emotionalisierten Debatte weitestgehend keine Rolle mehr. Zahlreiche Variablen entscheiden darüber wie weit Zahlen zu bsp. Jugendgewalt die objektive Bedrohung dokumentieren oder nur die subjektiven Angst schüren...


Zwischen dem subjektiven Unsicherheitsem-pfinden und der Wahrscheinlichkeit, wirklich Opfer einer Gewalttat zu werden gibt es in der Sicherheitsdebatte einige strukturelle Verzer-rungen, je nachdem, welche Indikatoren zu-grunde gelegt werden: Das subjektive Gefühl von Unsicherheit hat im Zuge der öffentlichen Debatten den größten Zuwachs erlebt. Auch die Verdachtszahlen steigen nun sprunghaft: Von dem Gefühl der Angst stimuliert, steigt auch die Anzeigebereitschaft für jegliche Formen von Auffälligkeit, die man vorher ggf. gar nicht beachtet hätte. Zusätzlich in Statitistik kommen auch Verhaltensweisen, die vorher noch als Ordnungswidrigkeit verfolgt wurden, sowie 'Ermittlungserfolge' in Folge selektiver Kontrollen an den Aufenthaltsorten unseres Klientels. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist dann schon geringer, hat die erste Prüfung schon die augenscheinlich unbedeutenden Fällen aussortiert. Die Verurteilungen sortieren dann weitere unbedeutende Fälle aus; wenn die Verur-teilungen trotzdem nach steigen, kann dies ein erster Hinweis für wirklich ansteigende Straftaten sein. Jedoch ist noch zu prüfen, ob nicht bei real gleichbleibender Bedrohung vielleicht doch nur mehr erwischt wurden. Bezogen auf die subjektive Angst ist abschlie-ßend zu beachten, dass das Ergebnis bereinigt werden muss um die Straftaten ohne Geschädigte (BTMG, Asylrecht...) und das diejenigen, die am meisten Angst vor Gewalttaten haben, real am seltensten Opfer von Gewalttaten werden. In der emotionali-sierten und unsachlichen Debatte spielt die objektive, wirkliche Gefahr, keine Bedeutung...



Wohl des Kindes:

Öffentliche Haushalte und Solidarprinzip:

Zunehmend wird die Streichung von Mitarbeitern, Hilfeangeboten, Transferleistungen oder auch ganzen Trägern der Sozialen Arbeit mit dem knappen Hinweis auf die Finanznot der öffentlichen Haushalte begründet. Bedenkt man, dass die öffentlichen Finanzen allein von der Einnahmenseite her unter Druck geraten, weil die besser situierten Teile der Gesellschaft schrittweise von ihrer Solidarpflicht befreit werden, ist die Leistungskürzung auf der anderen, der Ausgabenseite, (verfassungs-) rechtlich zweifelhaft. Die finanzielle Situation des Haushaltes quasi zum Naturereignis zu erklären und zur Begründung von Bedarfsreduzierungen herzuziehen, relativiert das in §1 GG fixierte Verhältniss von Individuum und Gessellschaft. Kürzungen könnten prinzipiell erst dann legitimiert werden, wenn zunächst wieder der Solidarbeitrag auf der Einnahmenseite gesichert ist; wenn dann trotzdem noch Geld fehlt und letztendlich im Einzelfallbegründet werden kann, warum sich Einschränkungen vor dem Hintergrund des durchschnittlichen Lebensstandards, sowie psychologischer, pädagogischer, medizinischer.Expertisen unabhängiger Wissenschaftler, mit der Menschenwürde in Einklang bringen lassen. Das heißt z.B. sich mit dem Streß und den Folgen bei Kindern auseinanderzusetzen, arm zu sein, sich ausgegrenzt zu fühlen, ausgegrenzt zu sein, ausgegrenzt zu werden, sich auszugrenzen...

"Dass sich arme Kinder weniger leisten können als Kinder aus durchschnittlich allimentierten Familien, ist heute deshalb problematisch, weil sich Kinder- und Jugendkultur v.a. über ein dynamisches Konsumverhalten symbolisiert. Kinder stehen früh im Mithaltestreß. Das äußert sich nirgendwo deutlicher als in der Schule wo solche differentiellen Situationen entstehen" (Böhnisch&Arnold&Schröer 1999: 159).

Als BSP für eine juristisch zweifelhafte Kürzung soll das formale Rundschreiben der Stadt Hamburg dokumentiert werden, mit dem u.a. erwachsenen Frauen zur Kenntnis gegeben wird, dass sich ihr Kleidergeld ab sofort um 29% von DM 762 auf € 277 reduziert:

"FREIE UND HANSESTADT HAMBURG / BEZIRKSAMT HAMBURG-MITTE

17.04.03

Mitteilung für Sozialhilfebeziehende zur Neufestsetzung der Bekleidungspauschale:

Die prekäre Finanzlage der Hansestadt führt dazu, dass sämtliche Leistungen auf den Prüfstand gestellt werden - auch Leistungen der Sozialhilfe.

Neu ab Anfang des Jahres ist, dass:

(...)

Begründung:

Abstandsgebot:

Das Abstandsgebot der Sozialhilfe besagt, dass Empfänger von sozialen Leistungen nicht besser gestellt sein dürfen als Menschen, die ihren Lebensunterhalt selber bestreiten. Dies bezieht sich v.a. auf die Höhe des Einkommens, aber auch auf die Ausstattung mit Kleidung, Spielzeug.und Monatskarten. Da aber die Sozialhilfe das sozio-kulturelle Existenzminimum sichern sollte und §1 GG als oberstes Staatsziel jedem Menschen ein menschenwürdiges Leben garantiert, ist das Minimum an Lebensqualität fixiert. Das heißt, wenn sich darauf geeinigt wurde, was vor dem Hintergrund des durchschnittlichen Lebensstandard zum menschenwürdigen Leben dazugehört, dann kann dieser Betrag logischerweise nicht unterschritten werden, weil andere zu wenig verdienen. Es ist zunächst eine Frage der Logik, dass wenn das Minimum festgelegt ist, das Abstandsgebot nur nach oben -letztendlich durch Lohnerhöhungen- umgesetzt werden kann und nicht andersrum, wie der Brief des Hamburger Sozialamtes beispielhaft vermitteln will. Wenn also Menschen für ihre Arbeit unzureichend bezahlt werden, schlecht gekleidet sind, nicht zum Friseur gehen können, ihren Kindern kein Fahrrad schenken können, nie in Urlaub fahren und sich schlecht ernähren.dann ist das ein Skandal! Der Skandal liegt jedoch nicht darin, dass Sozialhilfeempfänger zu gut leben, sondern darin, dass die Löhne unterhalb die Armutzgrenze gedrückt wurden. Wenn 'Bild'<ref>In: 'Bild' vom 2.11.02. </ref> die Familie des vollzeit angestellten Vaters mit seinen zwei Kindern und Frau vorstellt, entdeckt sie also zu Recht einen Skandal:

"Wird am Monatsende das Geld knapp, kommen an drei Tagen Nudeln auf den Tisch. Urlaub ist nur alle zwei Jahre drinn. Nicht mal das Bierchen nach dem Training kann ich mir leisten; im Zoo waren die Kinder vor zwei Jahren vom Weihnachtsgeld der Oma..."

Sie haben auch noch damit Recht, dass es noch schlimmer ist, wenn die Sozialhilfe für eine vergleichbare Familie auch ohne 40-Stunden-Woche genau so hoch ist; allein der logische Schluss, die Sozialhilfe sei deswegen zu hoch, ist so dreist wie stumpf. Die Art und Weise der Herstellung des Abstandsproblem scheint aber nicht nur fraglich bzgl. der Logik, sonderrn auch des Rechtes: Dies bezieht sich zum einen auf das Solidarprinzip des GG und v.a. auf den unantastbaren und unteilbaren Rechtsanspruch des einzelnen Arbeitslosen undArbeitnehmer auf Menschenwürde. Löhne unter die Armutsgrenze zu drücken und dies im Anschluß als Argument zu nutzen, Transferleistungen noch weiter zu kürzen, muss vor dem Hintergrund des GG kritisch hinterfragt werden...

Gleichheitsgrundsatz:

Während sich Konsumenten und Arbeitnehmer kaum der Zahlung von Verbrauchs- oder Einkommenssteuern entziehen können, ist dies bei Unternehmern, Freiberuflern und v.a. Vermögenden anders. Das Deutsche Insitut für Wirtschaftsforschung<ref>In: Fuchs 2000: 397.</ref> geht davon aus, dass das Einkommen von Arbeitnehmern zu 95%, das von Selbstständigen jedoch nur zu 55% erfasst wird. Die Steuerungerechtigkeit beginnt also nicht erst bei den jeweiligen Steuersätzen, sondern schon bei der Art der Besteuerung. Die Überlegungen zur Amnestie von Steuerflüchtlingen zeigt, dass das Problem zwar allgemein bekannt ist, jedoch kaum problematisiert wird. Ungerechte Steuersätze wie Steuerflucht kollidieren mit dem Solidarprinzip des GG; die zurückhaltende Kontrolle und Verfolgung von Steuerflucht und Steuerflüchtling, sowie der Verzicht auf Vermögensbesteuerung kollidiert zudem mit dem Gleichheitsgrundsatz. Während die Versteuerung von Erwerbseinkommen lückenlos gesichert wird, werden Privat- und Unternehmensvermögen geschont: Angeblich würde sich sonst der Kapitaltransfers ins Ausland ausweiten. Der Verzicht auf Besteuerung und/oder Kontrolle von Vermögen, mit Verweis darauf, dass Staftaten begangen oder entdeckt werden könnten, ist eine Ungleichbehandlung gegenüber allen anderen Straftätern und könnte auch mit Strafvereitelung im Amt verglichen werden. Angst davor zu schüren, einer Straftat überführt und bestraft zu werden, gilt ansonsten als das zentrale Prinzip des Strafrechtes; es genau und allein an dem Punkt aufzugeben, wo Reichtum und Reiche betroffen sind, ist verfassungsrechtlich zweifelhaft; vergleichbar könnte man dann auch einfordern, die Suche nach und Bestrafung von Schwarzfahrern einzustellen, um zu vermeiden, dass sie Fahrräder stehlen.Der Verzicht auf Vermögensbesteuerung berührt nicht nur den Gleichheitsgrundsatz, sondern auch Fragen von allgemeiner Gerechtigkeit, sollen sich doch alle an der Finanzierung des (Sozial-) Staates beteiligen; die Schonung der Vermögen vor Versteuerung scheint v.a. auch vor §14 GG fraglich. Eigentum ist unter den Vorbehalt des Gemeinwohls gestellt und sollte daher gerade dann, wenn die Staatsfinanzen zum größten gesellschaftlichen Problem erklärt werden, in die Staatsfinanzierung mit einfließen. Wenn selbst in Krisenzeiten Reichtum von seiner Solidaritäspflicht entbunden wird, ist das Solidarprinzip des GG zur Disposition gestellt.

Die sog. 'Pisa-Studie' hat nicht nur nachgewiesen, dass die Bildung in der Bundesrepublik im internationalen Vergleich zu Wünschen übrig lässt, sondern auch dass die Bildungschancen nirgendwo so stark von der Herkunftsfamilie abhängen, wie hier. Die Kinder aus sog. 'bildungsfernen Milieus' können von ihren Eltern allein nicht angemessen gefördert werden und werden aus Kostengründen auch anderweitig nicht unterstützt. Im Anschluß an das verheerende Pisa-Ergebnis wird suggeriert, es sei gar nicht so schlimm, weil bsp. 20% der Abiturienten aus Familien kommen, wo der höchste Bildungsabschluß eines Elternteils Hauptschule war. Diese Zahl sagt aber wenig aus, solange man den Anteil der 'Hauptschuleltern' in der Gesamtbevölkerung nicht kennt. Die Frage nach Bildungsgerechtigkeit müsste ausgehend von den Eltern gestellt werden: Wie viele 'Hauptschuleltern' ermöglichen ihren Kindern das Abitur im Gegensatz zu 'Gymnasieneltern'? Bildungsgleichheit ist erreicht, wenn es sowohl in der Gesamtbevölkerung 20% 'Hauptschuleltern', als auch unter den Abiturienten entsprechend 20% 'Hauptschulkinder' gibt. Da es aber eher 50% 'Hauptschuleltern' sind, ist die Bildungsungleichheit bei 20% doch erschreckend hoch, da es unter dem Gerechtigkeitsaspekt 50% seien müssten...

Prävention:

präventiv-problemvermeidend statt reaktiv-problembekämpfend

gemeinwesen- und ressourcenorientiert statt einzelfall- und defizitorientiert

helfend-unterstützend statt kontrollierend-repressiv

gestaltend-fördernd statt eingreifend-hindernd oder zwingend-fordernd

Sicherheit vermittelnd statt Ängste schürend

Mit der Unterstützung benachteiligter Menschen generell solange zu warten, bis ein soziales Problem über längere Zeit im Privaten gereift und sich später öffentlich manifestiert, bedeutet, im Vorfeld die Bedrohung von Persönlichkeitsrechten billigend in Kauf zu nehmen. Auf dem Rücken benachteiligter Menschen den Interventionszeitpunkt aus Kostengründen bewusst hinauszuzögern ist unmenschlich, v.a. wenn zudem zum späten Zeitpunkt Hilfe durch Kontrolle ersetzt wird. Ob es letztendlich ökonomisch sinvoll ist, zu warten, bis sich Probleme manifestiert haben oder sich auf andere Personen oder Lebensbereiche ausgedehnt haben und mit zunehmender Komplexität auch zunehmend hochschwellig, schwer, selten, langsam und weniger nachhaltig gelöst werden können, muss an anderer Stelle geklärt werden. Rechtlich sind die unvermeidlichen reaktiven Eingriffe als sog. Muss-Leistung fixiert und im Zweifelsfall sogar einklagbar, weil eine Intervention nun unentbehrlich erscheint; präventive Maßnahmen sind hingegen als Soll- oder Kann-Leistungen i.d.R. freiwillig zu erbringen und nur schwer einklagbar. Sozialkürzungen konzentrieren sich auf letztgenannte Maßnahmen und führen dazu, dass der ursprünglich allgemein-präventive Charakter der genannten Gesetze unterhöhlt wird und zunächst ein Wandel hin zu reaktiven Interventionsformen einleitet. (Bau-) Spielplätze und Parkanlagen werden aus Kostengründen geschlossen, Familienurlaub für finanziell benachteiligte alleinerziehende Eltern abgelehnt oder Kinderfilm/kino-Projektwochen gestrichen...; der Anteil reaktiver gegenüber präventiver Maßnahmen (ö.E., Jugendsozialarbeit, Schwänzer- und Sozialhilfekontrolle, Anti-Gewalt-Training, §§ zur Arbeitsverpflichtungen...) steigt relativ wie absolut. Schon in den Akzentverschiebungen innerhalb der Sozial- und Stadtplanungsverwaltung ist eine Ausweitung von Eingriff und Repression zu sehen:

"Die aktuelle Politik strebt Sicherheit und Ordnung entsprechend immer weniger über soziale Integration, die Eröffnung von Teilhabemöglichkeiten, die Gestaltung von Lebenschancen an. Statt dessen wird sich darauf konzentriert, auf die einzelnen Störer und Straftäter per Strafandrohung oder notfalls Entfernung aus der Gesellschaft zu reagieren. Die vorhandenenen Probleme werden nicht als Produkte politisch zu gestaltender sozialer Prozesse thematisiert, sondern als Resultat einer zu liberalen Jugendpolitik."<ref>Werner Lehne 1998: Hintergründe der aktuellen Debatte zum Thema Jugendkriminalität und die Konsequenzen für einen zeitgemäßen Gegendiskurs. In: Forumfür Kinder und Jugendarbeit 2/98:41.</ref>

Spätestens in dem Maße, wie die Einschränkungen präventiver Angebote die Zunahme abweichenden Verhaltens begünstigen und repressive Interventionen nach (Jugend-) Strafrecht begründen, ist der Wandel von Hilfe zur Kontrolle fundamental und verfassungsrechtlich bedenklich. Im Wissen um Ergebnisse der Ursachenforschung im Bereich Kriminologie, Sucht, Krankheit, Suicid, vorsätzlich präventive Hilfen zu verweigern und so die Wahrscheinlichkeit für fremd- und selbstschädigendes Verhalten zu erhöhen; stattdessen aber repressive Interventionsformen auszudehnen, widerspricht dem 'Geist' von Sozial- und Verfassungsrecht; trifft jedoch den Zeitgeist. Wenn Kinder und Jugendliche sich nicht so verhalten, wie sie sollen, müssen sie bestraft werden, damit alles so weiter gehen kann wie vorher. Die Aufarbeitung gesellschaftlicher Problemursachen verschwindet hinter der Individualisierung; Mangels Ursachenanalyse werden sich Dramen immer wiederholen, während der Bevölkerung suggeriert wird, alles sei in Ordnung. Die Reaktionen auf 'Erfurt' waren i.d.Z. klassisch: Von der genetischen Disposition ('Bild') über Computerspiele, Fernsehen und die Eltern ging die Ursachenforschung nicht hinaus; strukturelle Gewalt, Leistungsdruck, Schulsystem.fanden fast keine Beachtung. Ein Jahr später ist der Amoklauf ohne Lernerfolg zu den Akten gelegt. In der emotionalisierten Atmosphäre wurden alle Versuche, das Drama zu verstehen, mutwillig als 'Verständniszeigen wollen' interpretiert und unterbunden; ein Jahr danach, interessiert es kaum jemanden mehr, die Verursachungszusammenhänge aus gesellschaftlicher Perspektive selbstkritisch zu analysieren. Wilhelm Heitmeyer traut sich, den Verdrängungswettlauf in Frage zu stellen:<ref>2.5.02: Süchtig nach Anerkennung - Die prekäre Normalität: Wer nicht auffällt wird nicht wahrgenommen ist ein Nichts; in: 'Die Zeit'.</ref>

"Die Forderung nach Aufrüstung der Polizei zwecks Überwachung 'anfälliger' Insitutionen wie Schulen, Kirchen, Stadien ist populär, (vermittelt vielleicht der Bevölkerung ein subjektives Gefühl von Sicherheit), zielt aber nur auf Symptome. Um in die Tiefe zu gehen, muss man bei den Bedingungen ansetzen, unter denen Jugendliche heute aufwachsen. (...) Wir fühlen uns sicher, wenn wir von Normalität sprechen, also in unserer Welt nichts 'auffällig' ist. Entsprechend groß ist die Irritation, wenn ein scheinbar 'ganz normaler' Junge unfassbare Gewalt anwendet. (...) Unabhängig von ihrem persönlichen Schicksal und ihrem Scheitern sind oft gerade Jugendliche mit eigenen rigiden Normenvorstellungen besonders gewaltbereit gegenüber anderen."

In der gleichen Ausgabe fragen sich Sabine Etzold u.a.,

"wie es möglich ist, dass Wut und Verzweiflung des Erfurter Schülers unbemerkt im Verantwortungsloch zwischen Schule, Elternhaus und Freundeskreis wachsen konnte und niemand ein Warnsignal wahrgenommen hat? Wie kann es sein, dass ein Schüler, nachdem er zum zweiten mal nicht zum Abitur zugelassen wurde, in ein biografisches Nichts fällt?"

Besonders Kinder und Jugendliche haben es schwer, unterschiedliche Erwartungen, die an sie gerichtet werden, sie aber auch an andere und an sich selbst richten, in Einklang zu bringen. Z.B. werden sie als Konsumenten aggressiv umworben; sind -im Kreise unseres Klientels- regelhaft nicht mit den entsprechenden finanziellen Mitteln ausgestattet, binden ihre Identität aber an den Konsum und reagieren in der einen oder anderen Form abweichend - jedoch nicht unverständlich. Je stärker Bedarfe öffentlich geweckt werden, desto regider werden sie von der Sozialverwaltung aberkannt:

Der durch das Mißverhältnis von geschürten Erwartungen und reduzierten Möglichkeiten indizierten Diskriminierungs- und Devianzbereitschaft, begegnet der Staat regelhaft durch mehr Kontrolle und Repression, selbst wenn die problematische Reaktion von individueller Plausiblität getragen war:

Auch wenn sich der Austausch von präventiv-helfenden Integrationsstrategien hin zu reaktiv-repressiven nur schleichend vollzieht, ist die Kollision mit den individuellen und sozialen Grundrechten prinzipiell nicht zu übersehen.

Arbeitspflicht:



Die Debatte ist komplex. Grundsätzlich kann man natürlich darüber diskutieren, wie viel Zwang unter welchen Bedingungen möglich, legitim und nötig ist und welche Arbeit jedem Arbeitslosen zu welchen Arbeitsbedingungen und Löhnen zumutbar ist. Wenn jedoch das Verhältnis von Individuum und Staat/Volk/Gesellschaft auf den Kopf gestellt wird, die individuellen Grundrechte den Mehrheitsinteressen und -emotionen geopfert werden und ggf. Politik sogar den sozialen Ausschluss von Arbeitslosen zur Sicherung politischer Macht mißbraucht, dann ist dies durch das GG nicht gedeckt. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Menschen gezwungen werden, sich unter Preis auf dem Arbeitsmarkt zu verkaufen, um sich ihre Würdigkeit und damit die Existenz zu verdienen. Würdigkeit ist dann jedoch nicht mehr als Menschenwürde zu verstehen, sondern allein als Berechtigung in/unter der Volksgemeinschaft zu überleben. Menschen bsp. unter Androhung, der Kürzung von Sozialhilfe zu zwingen, für 1 €/Stunde -zusätzlich zur Sozialhilfe frei von Tarifrecht und Sozialversicherung- zu arbeiten, kann nicht im Sinne des GG sein.Der Leiter des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Klaus Zimmermann möchte den Nieddriglohnsektor massiv ausbauen und Arbeitslose zwingen, in ihm zu arbeiten:<ref>In: 'Die Zeit' vom 22.05.03.</ref>

"Die Therapie: Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes einerseits, Reduzierung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau andererseits. So steht es in der Agenda 2010, so will der Kanzler den Druck auf die Arbeitsfähigen erhöhen, tatsächlich nach einem Job zu suchen. Ifo-Chef Sinn geht ,noch weiter und will zusätzlich die Sozialhilfe um etwa ein Viertel absenken. Und DIW-Leiter Zimmermann möchte die Bezieher staatlicher Stütze zu einer Art staatlichem Arbeitsdienst verpflichten; auch das, so seine Hoffnung, werde sie am Ende dazu bewegen, einen regulären Job anzunehmen, jeden Job. Würden sich Arbeitslose oder Menschen auf Sozialhilfe nur billig genug verdingen, würden die Jobs (im Niedriglohnsektor) auch geschaffen, sind die Therapeuten überzeugt."

Um den Gedanken von verfassungsrechtlich zweifelhaften Arbeitzwang zu konkretisieren, wird im gleichen 'Zeit'-Artikel ein BSP aus dem Niedriglohnsektor gegeben:

"Bis zu zwölf Stunden steht Susan auf den Beinen, schaut, prüft, kontrolliert. Zwölf Stunden täglich, von morgens sechs bis abends sechs, sechs Tage in der Woche, dann hat sie drei Tage frei. (...) Für jede Stunde Arbeit bekommt Susanne vier Euro neunzig Cent. Etwa 240 Stunden kommen im Monat zusammen, das macht dann rund 1.175 Euro - brutto. Netto bleiben ihr weniger als 1000. Dafür steht sie morgens um halb fünf auf und nimmt um fünf den Bus und die S-Bahn.Abends die gleiche Tour zurück. Zwei der fünf Kinder leben noch zu Hause. Sie komme hin, gerade so eben, und nur, weil der Lebensgefährte Arbeitslosengeld beziehe. Fleisch gibt es einmal die Woche, das Bierchen mit den Kollegen einmal im Monat, neue Kleidung einmal im Jahr, und den Besuch im Kino oder im Restaurant nie. Im Urlaub war die 46-Jährige zuletzt 1988. Zwei Wochen an der Ostsee. Susanne ist das, was in Deutschland 'Billiglöhner' heißt. Einer jener Menschen, von denen es nach Meinung vieler Politiker und Ökonomen mehr geben sollte. Um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, fordern sie, müsse der Niedriglohnsektor in Deutschland ausgeweitet werden. Es müssten mehr Jobs her mit einem Verdienst, der irgendwo zwischen der Sozialhilfe und dem niedrigsten Tariflohn liegt. Und um die Menschen zu bewegen, solche Jobs anzunehmen, müssten sie dazu gezwungen werden - durch weniger Arbeitslosengeld und weniger Arbeitslosenhilfe. So will es auch der Kanzler mit seiner Agenda 2010. (...) Eine Kollegin hat in den letzten Monaten zwölfmal Blut gespendet, pro Spende gibt es 15 Euro extra. Der größte Luxus im letzten Jahr? 'Eine neue Brille.' Markenjeans? 'Niemals'..."

Menschenwürde ist genau so unantastbar und unteilbar, wie das sozio-kulturellen Existenzminimum eben ein Minimum ist. Deshalb darf auch nicht gedroht werden, es einzuschränken, wenn arbeitslose Menschen sich den gesellschaftlichen Verwertungsvorstellungen nicht beugen wollen; Einschränkungen der Lebensqualität und -weise können grundsätzlich und logischerweise nur oberhalb eines gesicherten menschenwürdigen Lebens, verfassungsrechtlich zulässig sein. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (s.o.) muss insofern korrigiert werden. Es geht nicht darum, 'was du für dein Land tun kannst', sondern -getreu des GG eben doch- darum, welch individueller Bedarf aus der Menschenwürde resultiert und wie der Staat diesen decken kann; im Zweifelsfall ist und bleibt es die Aufgabe des Staates zu fördernund nicht zu fordern; werden Menschen quasi aufgefordertSozialkürzungen durch Blutspenden auszugleichen, ist dies Körperverletzung! Die derzeitige Tendenz -eher emotional als sachlich- Zugriffsrechte des Staates auf den Einzelnen zu konstruieren, ist deshalb nicht nur aus der Perspektive des NS problematisch, sondern auch verfassungsrechtlich. Wenn Grundrechte unseres Klientels mit Verweis auf das Gemeinwohl, Staats- oder Volksinteresse begründet wird, ist dies vor §1 GG zu prüfen:

"Es ist an der Zeit -auch aus Gründen der demokratischen Verfassung unseres Landes- und zugleich ist es eine epochale Herausforderung an die Soziale Arbeit, die Bodenfunde, die bei den unterprivilegierten Gruppen und in den Quartieren der Armut entdeckt werden können, zu bergen und das 'Volksvermögen' der Schwachen gesellschaftlich nutzbar zu machen."<ref>Rudolf Bauer in Sozial extra (Hg.) 1998: 'Einstürzende Sozialstaaten'</ref>

"Wer etwas von der Gesellschaft bekommt, hat auch die Pflicht etwas zurückzugeben. (...) Es werden unterschiedliche Anreize sein, die Menschen für den Dritten Sektor mobilisieren: moralische Überlegungen, ökonomische und soziale Anreize. Auch Zwang. Ist die Debatte über einen verpflichtenden Sozialstaat ohne das schmückende Beiwort 'freiwillig' für alle Zeiten erledigt durch den bloßen Hinweis auf den Reichsarbeitsdienst Adolf Hitlers? (...) Staat und Jugend (müssen) einen Pakt der wechselseitigen Verpflichtung schließen, bei dem die einen wissen und danach handeln, was sie den Zukunftschancen der jungen Generation schuldig sind und die anderen wissen und danach handeln, was sie einem sozialen Gemeinwesen schuldig sind" (Dettling 1998: 273f)?

Während die Zahl der fehlenden Arbeitsplätze kontinuierlich anwächst, wird zugleich der Druck auf die Arbeitslosen erhöht, diese fehlenden Arbeitsplätze anzunehmen. Dies scheint unlogisch und führt allenfalls dazu, andere von ihrem Arbeitsplatz zu verdrängen und Anknüpfpunkte zu finden Arbeitenden wie Arbeitslosen gleichermaßen Einkommen zu kürzen. Gerade wenn die Sozialversicherungssysteme sich beweisen müssen, werden sie delegitimiert und delegitimieren sich selber, indem sie ihr Klientel pauschal unter Generalverdacht stellen, sich selber nicht helfen zu wollen.

"Die ökonomische Bedeutung des Vorwurfs des Missbrauchs sozialstaatlicher Leistungen verschwindet in diesem Argumentationsloch: In Vollbeschäftigungssituationen, in denen der Vorwurf ökonomisch von Belang wäre, wird er kaum erhoben; und in Arbeitslosigkeitsphasen, in denen er regelmäßig erhoben wird, ist er ökonomisch kaum von Belang" (Vobruba 1991: 56).

Obwohl alle Beteiligten wissen, dass die Dunkelziffer derer, die ihre sozialrechtlichen Ansprüche wegen mangelnder Information oder Scham nicht in Anspruch nehmen um ein Vielfaches höher ist, als die Summe erschlichener Leistungen, werden die Anspruchsberechtigten in Gänze systematisch stigmatisiert, ihre Ansprüche in Frage gestellt und Volkes Stimmung ausgeliefert. Unter diesem Druck werden Menschen ausgegrenzt, ziehen sich zurück, verlassen ggf. täglich voller Scham mit gesenktem Blick, Aktentasche und Pausenbrot unterm Arm pünktlich das Haus, um ihren Makel zu verbergen, werden physisch und psychisch krank.und verzichten tendenziell auf ihre (Sozial-) Rechte. In dieser Situation knüpft man keine solidarischen Nachbarschaftskontakte, riskiert nicht den Sprung zur Selbstständigkeit und verliert den Elan bei der Arbeitssuche und auch die Kraft, beim Arbeits- oder Sozialamt zu schummeln. Es wird regelhaft vergessen, wie anstrengt es ist, Sozial- oder Arbeitsamt zu betrügen! Dem sind nur wenige gewachsen, allein deshalb kann Betrug kein Massenphänomen sein. Aufgabe der Sozialen Arbeit ist i.d.Z., über Rechte aufzuklären, zu helfen, die Individualisierung des gesellschaftlichen Phänomens Arbeitslosigjkeit zu überwinden und sich von falscher Scham zu emanzipieren. Die unzähligen Rechtsverstöße der Verwaltung müssen skandalisiert und geahndet werden, sowie die Ausweitung des Arbeitszwanges und die Hetzkampagnen gegen arbeitslose Menschen ggf. auch vor dem Hintergrund von §§1,2,12 GG überprüft.<ref>Zur Orientierung und Unterstützung: www.fehlt-ihnen-etwas.de; Leitfäden für Arbeitslose und Sozialhilfe (Fachhochschulverlag Frankfurt); Lehr und Praxiskommentar BSHG...</ref> Der Schutz des GG vor Arbeitszwang richtet sich gegen jede Art von Zwang; Zwang findet in unterschiedlicher Intensität statt:





Nächstes Kapitel: Zukunft Sozialer Arbeit - ökonomische Aspekte